Aus der Hotelbranche an die Zugspitze
Nächster Halt: Umstieg
„Keine Frage, während meiner Arbeit im Hotel hatte ich eine schöne Zeit“, so Johanna lächelnd. „Aber irgendwann formte sich mehr und mehr der Gedanke: Das willst du nicht bis zur Rente machen.“ Drei Jahre war die gebürtige Niederländerin in der Tourismusbranche in Winterberg berufstätig und arbeitete als Rezeptionistin am Empfang. Viel zu tun gab es immer: „Es war viel los, wie für ein Partyhotel üblich. An manchen Tagen habe ich auch 12 Stunden gearbeitet – das macht sich natürlich irgendwann bemerkbar“, erklärt sie.
Ausschlaggebender Grund für den Mut zum neuen Karriereweg sei aber nicht die körperliche Belastung gewesen. „Ich wollte mich weiterbilden. Zwar war meine Arbeit an der Rezeption schön, aber ich bin wortwörtlich an einer Stelle in meinem Berufsleben stehen geblieben“, so Johanna. Bei der Umschulung zur Triebfahrzeugführerin ist das anders: Der Quereinstieg ist sehr anspruchsvoll, fordert Fleiß, Ehrgeiz und Konzentration – und genau das macht der angehenden Frau an der Spitze des Zuges Triebfahrzeugführerin großen Spaß.
„Dass ich weiß, dass ich mit meinen 50 Jahren noch einmal etwas Neues lernen kann und mein beruflicher Weg nicht in einer Sackgasse angelangt ist, motiviert mich enorm!“ Sie kann verstehen, dass für viele andere ein Schritt in eine neue Branche im Alter auf den ersten Blick verunsichernd ist, doch sie betont: „Für mich war das nicht so. Ich habe mir gedacht: Jetzt oder nie, ich will was verändern. Die vergangenen 25 Jahre war ich für meine Kinder da. Jetzt mache ich etwas nur für mich.“
Jetzt ist Frauenpower am Zug
Über den Beruf aufmerksam geworden ist Johanna über Facebook. „Ich habe mich direkt bei Abellio beworben – und, wie man sehen kann, diesen Schritt auf keinen Fall bereut. Im Januar hatte ich mein Vorstellungsgespräch und seit Anfang April läuft meine Umschulung.“ Dass sie in ihrem Ausbildungskurs die einzige Frau ist, stört sie nicht. „Meine männlichen Kollegen behandeln mich nicht anders. Überhaupt sollte sich keine Frau denken: Das ist nichts für mich. Denn das stimmt nicht – dieser Beruf ist auch für uns Frauen toll.“
Unterstützt wird sie während ihrer Ausbildung auch von ihrem Mann, denn Johanna hat sich entschieden, unter der Woche für die Zeit der Ausbildung in Hamm zu bleiben und am Wochenende zurück zur Familie zu fahren. „Klar kann auch die Frage kommen, wie ich Beruf und Familie unter einen Hut bekomme. Aber wenn ich ein Mann wäre, der sich jetzt noch einmal auf seine Karriere konzentrieren will und nur am Wochenende zu Hause ist, dann würde die Frage vermutlich nicht so oft gestellt.“ Dass ihre Entscheidung, eine Umschulung zu starten, die richtige war, hätten ihr auch die aktuellen Entwicklungen rund um die Corona-Pandemie gezeigt: „Ich habe sehr viel Glück gehabt. Wenn ich da an meine Kolleginnen aus der Hotelbranche denke, dann sieht das anders aus: 100 Prozent Kurzarbeit und die Sorge, dass die Hotels die Krise nicht überleben. Ich darf mich jetzt auf ein verlässliches Gehalt und eine sichere Zukunft freuen.“