Lokführer*innen-Umschulung: Das erwartet dich bei deiner ersten Fahrt
Keine Frage: Zur Lokführer*innen-Umschulung gehören Fleiß und ganz viel Mut. Erst neun Monate die Schulbank drücken, mehr als 250 Signale lernen – und dann geht’s in der praktischen Ausbildung schon gleich auf die Lok beim künftigen Arbeitgeber. Jetzt muss man zeigen, was man bis dahin alles gelernt hat. „Natürlich haben wir in der Zeit der theoretischen Ausbildung regelmäßig im Fahrsimulator trainiert. Aber die Fahrpraxis im Führerstand – das ist noch einmal ganz anders“, meint Patrick Kosch. Der 29-Jährige ist seit guten fünf Monaten Lokführer bei der Regiobahn in Mettmann, unterwegs auf der S-Bahnlinie S 28.
Die erste Fahrt als Lokführer klappt fehlerfrei
Patricks erste Fahrstunde im Rahmen seiner praktischen Ausbildung liegt noch nicht lange zurück. Er erinnert sich genau an den Tag und das Datum: Mittwoch, 26. August 2020, ein ganz normaler Spätsommertag, mäßig in der Temperatur, leicht bewölkt mit guter Sicht – und im Rückblick überhaupt nicht so kompliziert und aufregend, wie gedacht. Patrick steigt morgens in Mettmann zu seinem Ausbildungslokführer ins Cockpit und ist erst einmal Beifahrer. Zwei, drei Mal pendelt der Dieseltriebwagen zwischen Mettmann und Kaarst hin und her. Fahrgäste steigen ein und wieder aus. Der Ausbildungslokführer erklärt das Fahrzeug, informiert über die Strecke und ihre Besonderheiten, fragt ganz nebenbei das theoretische Fachwissen seines neuen Azubis ab. Als die Anspannung vor der ersten Fahrt dann fällt, heißt es: „Jetzt du!“. Patrick spürt einen kleinen Adrenalinschub und übernimmt den Führerstand des Talent-Dieseltriebwagens mit zwei Mal 315 Kilowatt, fast 900 PS Motorleistung. Einmal tief durchatmen, dann steuert er seinen Zug über die Strecke von Kaarst nach Mettmann. Die erste Fahrt mit Stopps an 18 Stationen dauert gut eine Stunde. Es klappt, alles fehlerfrei!
Der Ausbildungslokführer gibt Sicherheit
Die typischen Anfängerfehler sind mir erst bei den nachfolgenden Fahrten in der ersten Woche passiert“, schmunzelt Patrick. „Ich habe zum Beispiel das erste Signal zur Geschwindigkeitsbegrenzung nicht bestätigt. Das wird immer schon einen Kilometer früher angezeigt. Vergisst man das Signal, wird der Zug automatisch abgebremst.“
Dass solche Fehler passieren, sei kein Grund zur Panik, sondern völlig normal, so Patrick weiter. Deshalb sind angehende Lokführer während ihrer Umschulung nie allein im Führerstand. Der praktische Teil der Ausbildung sieht 40 begleitete Schichten mit einem erfahrenen Ausbildungslokführer vor. Erst dann folgt die Abschlussprüfung und danach steht die erste Fahrt ohne Begleitung an. „In den 40 Ausbildungsfahrten lernen wir den Alltag eines Lokführers kennen und werden auf mögliche Störfälle gut vorbereitet. Das reicht von kleinen Störungen am Fahrzeug, etwa an den Türen, bis hin zu Signal- und Weichenstörungen. Am Anfang ist man immer etwas nervös, aber dann stellen sich doch ganz schnell die Routine und die damit verbundene Sicherheit ein“, erklärt Patrick.
Der Lokführer-Tipp für die erste Fahrt
Patricks Tipp für angehende Lokführer*innen ist daher ganz einfach: immer gelassen bleiben und die Ruhe bewahren. „Bei unseren ersten Fahrten können wir gar nichts falsch machen, denn der Ausbildungslokführer ist immer dabei“, sagt er. Und was ist mit der Angst vor der Blamage? „Die braucht man nicht zu haben. Schließlich hat jeder Lokführer mal klein angefangen – und seine erste Fahrt hat bestimmt niemand vergessen.“
Darüber hinaus gibt es selbst für langjährige Lokführer*innen immer wieder mal eine weitere erste Fahrt: zum Beispiel, wenn das Eisenbahnunternehmen neue Loks bekommt. Lokführer*innen müssen bei jeder neuen Baureihe üben und danach eine Prüfung ablegen, bevor sie mit dem neuen Fahrzeug ihre Fahrgäste befördern dürfen. Dasselbe gilt, wenn sie auf einer neuen oder verlängerten Strecke unterwegs sind: erst den Fahrweg kennenlernen, Probe fahren, Streckenkunde nachweisen – und dann geht’s los! Patrick Kosch fährt übrigens schon kurz nach seiner Abschlussprüfung im November 2020 eine neue Strecke, denn seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2020 pendelt die Regiobahn auf der S 28 nicht mehr nur zwischen Kaarst und Mettmann, sondern weiter bis Wuppertal.