Multitasking an der Zugspitze
Schon ein Blick in den Führerstand des RE 1 lässt erahnen, wie anspruchsvoll die Anforderungen an Lokführer sind – zahlreiche Hebel, Knöpfe und Anzeigen setzen ein gewisses Maß an technischem Verständnis voraus. Das war bei Rüdiger Pleuger von Beginn an gegeben: „Mit meiner Ausbildung zum Elektriker hatte ich eine gute Grundlage“, meint der 61-Jährige und stellt gleichzeitig klar: „Dass ich durch eine Weiterbildung quasi in den Beruf des Lokführers reingerutscht bin, habe ich bis heute nicht bereut.“
Bereits seit über 40 Jahren fährt Pleuger nun durch das Schienennetz in Nordrhein-Westfalen. Der RegionalExpress 1, mit dem er an diesem Freitagmorgen in Richtung Aachen unterwegs ist, steht gerade am Essener Hauptbahnhof. Arbeitspendler, Studierende und Schüler drängen sich durch die Türen des Zuges, um noch einen Sitzplatz zu erwischen. Zwischen sechs und neun Uhr morgens ist Stoßzeit, doch für Pleuger begann der Arbeitstag früher: „Heute habe ich um 5 Uhr angefangen.“ Mit einem Lachen ergänzt er: „Mit dem Schichtbetrieb komme ich gut klar. Man kann sich das frühe Aufstehen einfach anerziehen.“
Der praktische Aspekt
Während der RE 1 den Essener Hauptbahnhof verlässt, macht es sich der 61-Jährige im großen Sessel im Führerstand bequem. „Lokführer zu sein heißt auch, multitaskingfähig zu sein“, erklärt Pleuger. „Man muss die Gleise im Blick haben, die Bedeutung der Signalanlagen kennen und über Besonderheiten der Bahnhöfe Bescheid wissen. Da spielt auch Erfahrung eine Rolle“. Gleichzeitig muss er auf Probleme reagieren, die im alltäglichen Bahnverkehr auftreten können. Neben technischen Störungen und Mängeln durch Wettereinflüsse gehören vor allem auf dieser Strecke Verspätungen zu den Hauptproblemen. Denn auf den Schienen zwischen Dortmund und Köln verkehren nicht nur der dicht getaktete Personennahverkehr, sondern auch Güter- und Fernverkehrszüge. Mit dem Ausbau der Infrastruktur im Rahmen des Rhein-Ruhr-Expresses (RRX) soll dort in Zukunft für Entspannung gesorgt werden.
Der menschliche Aspekt
„Natürlich ist es als Lokführer ebenfalls wichtig, gut mit Menschen umgehen zu können“, sagt Pleuger, der den RegionalExpress gerade langsam über die Hohenzollernbrücke auf den Kölner Hauptbahnhof zusteuert. Ob bei Fragen zur Strecke oder Durchsagen bei Verzögerungen, der richtige Ton will getroffen werden. „Manchmal sorgen die Fahrgäste sogar für nette Überraschungen“, erinnert sich der Lokführer und erzählt mit verschmitztem Lächeln von einem Geburtstag, an dem er vor der Führerstandtür ein Ständchen erhielt. Durch den überwiegend positiven Kontakt zu den Reisenden, die gute Gemeinschaft mit Kollegen und Vorgesetzten und das umfangreiche, verantwortungsvolle Arbeiten steht für den 61-Jährigen fest: „Der Lokführer-Beruf hat wahrlich Traumjob-Potenzial.“