Bild in Froschperspektive: Ein Zug von Abellio fährt an einer grünen Wiese vorbei.

Per Teamwork in den Führerstand: Lokführer Tom ist Mentor in Pilotkurs

Manometer, Bedienfeld EBuLa und Sandungsvorrichtung – bereits für Deutsche Muttersprachler kann Eisenbahner-Deutsch eine echte Herausforderung sein. Als Mentor steht Lokführer Tom Zielonka geflüchteten Migrant*innen bei ihrem Quereinstieg auf den Schienen NRWs mit Rat und Tat zur Seite.

Durchhaltevermögen zahlt sich aus.

Gerade in Zeiten von Corona sind sichere Jobperspektiven gefragt wie nie. Viele Quereinsteiger*innen finden ihre berufliche Zukunft aktuell als Lokführer*in in NRW – auch viele Migrant*innen. Doch die Ausbildung ist anspruchsvoll und fordert die Umschüler*innen mit Fachbegriffen und spezifischem Know-How. Gemeinsam mit der Stiftung Bildung und Handwerk hat das Landesprogramm Fokus Bahn NRW daher ein Pat*innen- und Mentor*innenprogramm ins Leben gerufen. Lokführer Tom Zielonka ist einer der Mentoren, die sich ehrenamtlich einsetzen, um die angehenden Triebfahrzeugführer*innen im ersten Pilotkurs für Migran*innen bei ihrem Weg in den Führerstand unterstützen.

„Mir bedeutet es viel, dass ich anderen dabei helfen kann, in eine sichere Zukunft zu starten“, so Tom. Er selbst hat seine Karriere auf den Schienen 2013 mit einer klassischen Eib-Ausbildung gestartet, war danach erst im Güterverkehr unterwegs und fährt nun seit 4 Jahren für Abellio durch NRW. „Ich hatte schon immer ein großes technisches Interesse“, erklärt Tom. „Wenn ich etwas nicht verstehe, fuchst mich das und ich will wissen, wie es funktioniert. Deswegen macht es mir auch so großen Spaß, anderen bei ihren Fragen zu helfen.“

Als ein befreundeter Lokführer-Kollege ihn auf das Programm von Fokus Bahn NRW aufmerksam macht, zögert der 26-Jährige nicht lange – denn an seine herausfordernde Zeit während der Prüfungen kann er sich noch genau erinnern. „Jemanden zu haben, mit dem man sich kurzfristig austauschen kann, ist enorm wertvoll“, betont der Lokführer. „Die Ausbildung ist sehr anspruchsvoll und wenn du dich ab und an bei jemandem rückversichern kannst oder kleinere Zweifler mit einem kurzen Anruf aufräumen kannst, gibt das enorm viel Sicherheit.“ Zudem – da ist sich der junge Lokführer sicher – steigert der Austausch auch die Motivation und den Spaß an der Ausbildung, weil Probleme gemeinsam angegangen und Frustrationen vermieden werden können. Durchhaltevermögen sei auf dem Weg zum ausgebildeten Lokführer enorm wichtig. „Man muss bereit sein, dran zu bleiben und zu lernen.“ Lachend fügt er hinzu: „Und wir wissen sicher selbst aus Schulzeiten alle noch: Gemeinsam ist das deutlich leichter.“

Mehr als nur Bahnhof verstehen.

Doch nicht nur das vermittelte Fachwissen fordert die Auszubildenden, weiß Tom. Für jeden außerhalb der Bahnerfamilie sei das klassische Eisenbahner-Deutsch schon eine Fremdsprache. „Wenn ich mir nun vorstelle, dass jemand, dessen Muttersprache nicht Deutsch ist, sich hier zurechtfinden muss – dann kann ich verstehen, dass man manchmal im wahrsten Sinne des Wortes nur Bahnhof versteht“, lacht er.

Doch anders als anfangs vermutet, klappt die Verständigung mit den Kursteilnehmern sehr gut. „Zwischen uns gibt es eigentlich keine Sprachbarrieren. Alle Teilnehmenden haben vorab wirklich sehr fleißig Deutsch gelernt und wir können uns sehr gut austauschen“, berichtet Tom. Ihm sei besonders positiv aufgefallen, mit welchem Einsatz die angehenden Lokführer*innen sich für ihre Zukunft einsetzen. „Alle sind extrem wissbegierig und ambitioniert – man merkt, wie sehr sie sich für ihren Quereinstieg reinknien.“

Bahnerfamilie

Für Tom steht außerdem fest: Dass das Programm gerade in Zeiten von Corona gestartet sei, sei zwar eine Herausforderung, aber gleichzeitig ein enorm wichtiger Schritt. „Natürlich ist es schade, dass ich die Teilnehmer noch nicht persönlich kennenlernen konnte“, so Tom. „Aber durch das Programm haben die Teilnehmer direkt von Anfang an das Gefühl gehabt, in dieser Zeit mit ihrem Lernstoff nicht alleine gelassen worden zu sein und den Anschluss nicht zu verlieren.“ Mittlerweile könne laut Tom jeder aus eigener Erfahrung berichten, wie herausfordernd die vergangenen Monate waren, um sozialen Anschluss zu behalten. Auch in den Ausbildungskursen sei dieser Austausch aber wichtig, um motiviert zu bleiben. „Wir machen das Beste daraus – und wenn es irgendwann geht, dann lernt sich das Team aus der Bahnerfamilie auch mal Face-to-Face kennen.“

Und auch wenn sich aus seiner Sicht die Bahnbranche durch solche Herausforderungen stetig weiterentwickelt – er sieht noch Optimierungsbedarf. „Die Bahnen in NRW haben schon viel getan und wirklich gut auf die Pandemie reagiert“, so Tom. „Für uns Lokführer wäre es aber toll, wenn wir wieder mehr Praxisfahrten mit den Umschüler*innen umsetzen. Vor Corona war es möglich, dass die Auszubildenden Kollegen spontan bei Praxisfahrten begleiten und zuschauen konnten. Aufgrund der aktuellen strikten Hygieneregelungen ist das derzeit nicht möglich. Und natürlich wünsche ich mir für die Zukunft, dass mehr Mentoren-Programme ins Leben gerufen werden!“